Physiotherapie Kerlin

Zervikaler Kopfschmerz


Die Diagnose  „Zervikaler Kopfschmerz“ scheint, wie gesagt, in der Welt der Ärzte zwar existent, aber nicht präsent zu sein. Andererseits behauptet die Gemeinde der Manualtherapeuten 15-20% aller Kopfschmerzen seien ein zervikaler Kopfschmerz. Diese Diskrepanz liegt möglicherweise in der Denkweise der verschiedenen Fraktionen.

Was ist ein zervikaler Kopfschmerz?

Im bereits erwähnten Vortrag von Dr. Brächter von der Schmerzklinik Kiel wird ein Zervikaler Kopfschmerz wie folgt diagnostiziert/definiert:

„Einseitiger undulierender Dauerschmerz, obligat triggerbar durch mechanischen Druck auf Triggerpunkte zervikal, z.B. C2, obligat pathologisches Substrat nachweisbar, diagnostische Blockade C2-C4 führt zu Schmerzreduktion“

Prof. Dr. Harry v. Piekartz definiert „zervikalen Kopfschmerz“ so:

  1. Schmerzen, welche aus einer Quelle im Nacken projiziert werden, und in eine oder mehrere Regionen des Kopfes und /oder des Angesichts wahrgenommen werden. Zusätzlich müssen Kriterien C und D erfüllt werden
  2. Klinische, labortechnische und /oder radiografische Beweise einer Dysfunktion oder Läsion der Halswirbelsäule oder deren Weichteile, welche Kopfschmerzen verursachen können.
  3. Beweis, dass der Kopfschmerz auf eine Dysfunktion oder Läsion der HWS zurück zu führen ist, basierend auf mindestens eines der Unterstehenden
    1. Einen Befund von klinischen Zeichen, welche den Nacken als Quelle der Symptome impliziert
    2. Eine nahezu 100% Linderung der Kopfschmerzen nach einer diagnostischen Blockade der betroffenen Struktur
    3. Eine Heilung innerhalb von 3 Monaten nachdem die ursächliche Dysfunktion/ Läsion erfolgreich behandelt wurde

Der entscheidende Unterschied wird klar: Die Ärzte spritzen im Bereich der oberen Halswirbelsäule um zu differenzieren, die Manualtherapeuten behandeln ein paar Mal. Das Ergebnis ist, was viele meiner Patienten auch fühlen. Kopfschmerzen haben häufig einen Zusammenhang mit der Halswirbelsäule.

Wie kann die Halswirbelsäule einen zervikalen Kopfschmerz auslösen?

Jetzt wird es anatomisch ein wenig kompliziert. Der Körper kann grundsätzlich nicht gut unterscheiden, wenn zwei Körperregionen im Nervensystem konvergieren (d.h. zusammen auf der „gleichen Leitung laufen“) aus welchem der beiden Bereiche die Signale tatsächlich kommen.

Da die Kerne des Nervus Trigeminus im Bereich C2 (2. Halswirbel) mit den Afferenzen (sensible Signale) aus dem 2. Halswirbel auf Niveau dieses Wirbels im Hirnstamm zusammenlaufen, kann das Gehirn nicht wirklich unterscheiden, ob die Schmerzsignale aus der Wirbelsäule des oberen Nackens kommen, oder im sensiblen Bereich des Trigeminus entstehen. Also werden die Schmerzen auch in den Kopfbereich, die sensible Repräsentation des Trigeminus projiziert. Ein zervikaler Kopfschmerz entsteht, und besteht die Störung in der Halswirbelsäule weiter, werden die Synapsen des Trigeminus immer weiter sensibilisiert, so dass später auch andere Trigger Kopfschmerzen auslösen können.

Es erscheint also durchaus möglich, dass eine Migräne oder ein Spannungskopfschmerz ursprünglich einmal ein zervikaler Kopfschmerz gewesen ist oder initial durch ihn ausgelöst wurde. Fraglich ist dann natürlich auch, ob eine zervikale Komponente diese Kopfschmerzformen dann weiter unterhält. In diesen Fällen sollte dann natürlich die zervikale Komponente auch, in welcher Form auch immer, dann behandelt werden.